Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) schützt Arbeitnehmer, die rechtmäßige Meldungen über Gesetzesverstöße abgeben. Doch was, wenn im Anschluss an eine Meldung eine Kündigung erfolgt?
Nach § 36 HinSchG sind Repressalien gegen Hinweisgeber ausdrücklich verboten – dazu zählen alle beruflichen Benachteiligungen, insbesondere auch Kündigungen. Selbst eine formell rechtmäßige Kündigung kann nach dem HinSchG unzulässig sein, wenn sie als Reaktion auf eine Meldung oder Offenlegung erfolgt.
Aktuelles Urteil: LAG Hamburg, 30. Januar 2025 (Az. 3 SLa 19/24)
In einem praxisrelevanten Fall hatte das LAG Hamburg zu entscheiden, ob eine Probezeitkündigung eines Mitarbeiters eines Pharmaunternehmens eine verbotene Repressalie darstellte.
Der Sachverhalt:
Der Arbeitnehmer hatte während der laufenden Probezeit eine Meldung über einen Compliance-Verstoß bei der internen Meldestelle abgegeben. Wenig später wurde ihm gekündigt. Er machte geltend, die Kündigung sei eine Repressalie gem. § 36 HinSchG.
Das Gericht entschied anders:
Eine Repressalie im Sinne des Gesetzes liege nicht vor, wenn der Kündigungsentschluss bereits vor Abgabe der Meldung endgültig getroffen worden ist. Entscheidend sei der Zeitpunkt der internen Willensbildung – nicht der Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer. Die Kündigung war somit wirksam, weil sie nicht auf die Meldung zurückging.
Kernaussagen des Urteils
- Kausalität ist entscheidend: Ein zeitlicher Zusammenhang allein genügt nicht, um von einer Repressalie auszugehen.
- Beweislast beim Arbeitgeber: Im Streitfall muss der Arbeitgeber nach § 36 Abs. 2 S. 2 HinSchG belegen, dass die Kündigung nicht aufgrund der Meldung erfolgt ist – etwa durch Nachweis eines bereits zuvor gefassten Kündigungsbeschlusses.
Fazit und Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
Rechtssicherheit schaffen durch klare Prozesse
- Kündigungsentscheidungen dokumentieren: Zeitpunkt und Begründung interner Entschlüsse sollten stets schriftlich festgehalten werden – insbesondere in der Probezeit oder bei parallelen Hinweisprozessen.
- Hinweisgebermechanismus sauber trennen: Personalleitung und Meldestelle sollten organisatorisch und personell getrennt sein, um Interessenkonflikte zu vermeiden.
- Einrichtung interner Meldestelle nach § 12 HinSchG: Pflicht für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden – andernfalls drohen Bußgelder und der Verlust prozessualer Vorteile.
- Schulungen für HR und Führungskräfte: Sensibilisierung dafür, wie mit Hinweisgebern und parallelen arbeitsrechtlichen Maßnahmen rechtssicher umzugehen ist.
- Im Streitfall zügig reagieren: Wird der Vorwurf einer Repressalie erhoben, sollte unverzüglich geprüft und intern aufgearbeitet werden, wann und warum die Maßnahme getroffen wurde.
Wir unterstützen Sie bei der Einrichtung gesetzeskonformer Hinweisgebersysteme, der rechtssicheren Dokumentation von Personalentscheidungen und der Verteidigung im Streit um angebliche Repressalien.